Wie die Coronakrise das chinesische Verbraucherverhalten beeinflusst – und was wir daraus lernen können

Wie die Coronakrise das chinesische Verbraucherverhalten beeinflusst – und was wir daraus lernen können

19/03/2020
Lesezeit: 5 Min.

Mit Besorgnis verfolgt die Welt den fortschreitenden Verlauf der Covid-19-Pandemie. Abgesehen von gesundheitlichen Folgen wird der Virus jedoch auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen und das Verbraucherverhalten in China, im Wirtschaftsraum Asien-Pazifik und der ganzen Welt verändern.

Durch ihre lange Arbeitserfahrung im asiatischen Raum haben unsere Mintel-Analysten fundierte Erkenntnisse über den dortigen wirtschaftlichen Kontext und Verbraucher sammeln können, wodurch sie in der Lage sind, Veränderungen des Kaufverhaltens zu beobachten und richtig einzuordnen. Die Einführung des Offline-Online-Shopping-Erlebnisses, der enorme Einfluss des regionalen Reiseverkehrs, die Besonderheit asiatischer Mode und Medien – man kann sagen, dass China innerhalb Asiens schon immer immensen Einfluss hatte und auch in Zukunft haben wird.

Die durch Covid-19 hervorgerufenen Veränderungen bezüglich des Verbraucherverhaltens könnten eine neue Ära für Chinas Einfluss auf die Welt einläuten. Die Ausgangssperren werden sicherlich ihre Spuren im Einzelhandel hinterlassen – und das nicht nur in China, sondern weltweit.

Was die Ausgangssperren für die Wirtschaft bedeuten

Das Tempo, in dem wir leben, wird heruntergefahren und das Arbeiten von Zuhause aus wird zu einer Notwendigkeit, wodurch neue Routinen etabliert werden. Geplante, rationierte Einkäufe wirken sich auf Einkaufslisten aus. Pärchen, die zusammen in einer Wohnung bleiben müssen, sind gezwungen, sich an die „neue Zweisamkeit“ zu gewöhnen. Ältere hingegen haben gelernt, wie Online-Shopping funktioniert und nutzen leicht handhabbare Apps und soziale Netzwerke, um sich einzudecken.

Aber was machen die Chinesen nun mit all der freien Zeit? Wird die chinesische Mittelschicht Spaß an DIY-Projekten entwickeln und Deko- und Möbelfirmen dadurch einen Aufschwung verleihen? Sicherlich haben die Menschen nun Zeit für einen gründlichen Frühjahrsputz und zur Neugestaltung der Wohnflächen. Hygiene steht dabei an oberster Stelle, was Herstellern von Putzprodukten zugutekommen könnte. Werden die chinesischen Verbraucher nun mehr Zeit für Wellness- und Beauty-Routinen verwenden? Vielleicht.

Gelangweilt von den immer gleichen alten Neuigkeiten und kurzen Social-Media-Videos, können wir erwarten, dass Verbraucher wieder mehr zu Büchern tendieren und sich endlich die Wälzer vornehmen, die sie schon seit längerem auf ihren Regalen stapeln? Und kommen Puzzle, Gesellschaftsspiele und Handwerkarbeiten wieder in Mode? Der Zeitgeist zu einem langsameren Lebensstil mit bedeutsameren Hobbies nimmt trotz des stetig ansteigenden Onlinehandels und Lebensmittellieferungen weiterhin an – könnte dies auch bedeuten, dass Konsumenten in China keine Dinge mehr anhäufen, sondern stattdessen erleben möchten? Basierend auf Mintels Globalen Verbrauchertrends 2030 können wir stark davon ausgehen.

Aufgrund der Ausgangssperre und des limitierten Nahrungsvorrats verbringen chinesische Familien ihre Zeit nun damit, zuhause zu kochen und mit kreativen „Resteverwertungen“ zu spielen. Online-Tutorials helfen ihnen dabei, neue Rezepte auszuprobieren und kulinarische Experimente zu wagen. Doch was bleibt den Menschen außerdem in den eigenen vier Wänden zu tun? Mehrgenerationshaushalte werden sicherlich von der herrschenden Langeweile gepaart mit der notwendigen Nähe sowie den patriotischen Gefühlen aufgewühlt werden.

Wie ist es um die Zero-Waste bestellt? Die Tatsache, dass mehr Chinesen während dieser Periode zum Kochlöffel greifen und ihre eigenen Einkaufsgewohnheiten überdenken, könnte zu einem nachhaltigeren Ansatz zu Verpackungen führen. Weniger Essenslieferungen, weniger Verpackungen zum Wegwerfen, weniger Shoppingtrips mit Impulseinkäufen bei Fast-Fashion-Anbietern – ist eine 180-Grad-Drehung weg von der Wegwerfgesellschaft möglich?

Einkaufsverhalten 2.0

Im Krieg behält eine siegreiche Armee ihre strategischen Ziele bei, passt aber ihre Feldtaktik an die sich ändernden Bedürfnisse der Situation an. So müssen auch Marken ihre Produkte und Dienstleistungen weiterhin vermarkten, aber ihren Weg durch Veränderungen auf dem Verbrauchermarkt, die in diesem Fall durch eine Pandemie hervorgerufen wurde, innovativ gestalten. In dieser Periode können Verbraucher und Marken die freie Zeit der Menschen nun dazu nutzen, um mit ihnen online in echte Konversationen zu treten. In China drückt sich dies beispielsweise folgendermaßen aus:

• Chefköche geben in ihren Küchen Koch-Tutorials per Livestream
• Fitnesstrainer nutzen Social Media für ihre Sportkurse
• DJs organisieren „Cloud-Clubbing-Sessions“
• Immobilienagenten organisieren Wohnungsbesichtigungen online
• Filmpremieren finden online und nicht in den Kinos statt
• Bauern bieten ihre Produkte online an
• Autohändler demonstrieren die Vorzüge von Luxusautos per Onlinevideos
• Einzelhändler lassen ihr Personal temporär übers Internet (ebenfalls per Video) verkaufen

Einer der Abstriche des Onlinehandels ist die mangelnde soziale Interaktion. Was uns die obigen Beispiele allerdings gezeigt haben, ist, dass Unternehmen in Krisenzeiten durchaus kreativ mit bestimmten Situationen umzugehen wissen und mit Verbrauchern durch Online-Tools geschickt kommunizieren.

Not macht erfinderisch – und zeigt in diesem Falle allerdings auch, dass sich gute Ideen anderer auch auf andere Branchen ummünzen lassen und sich eine gute Beziehung zu bestehenden und potentiellen Kunden stets lohnt. JD.com arbeitete beispielsweise bereits an Verkaufsmaschinen mit Künstlicher Intelligenz, die aufgrund der Krise nun schon vorzeitig in den stationären Läden getestet werden, um Frischware an Kunden in China zu verkaufen.

Sobald eine Innovation ein essentielles Bedürfnis befriedigt birgt sie das Potenzial, sich auch langfristig auf dem Markt halten zu können. Essen, Schlafen, Arbeiten – all das sind die alltäglichen Dinge des Lebens, die sich auch während der Krisenzeit kaum verändern werden. Bieten Produktinnovationen Verbrauchern einen langfristigen Mehrwert, können sie potenziell auch in anderen Ländern Gefallen finden.

Unser Fazit

Ähnliche Initiativen scheinen sich nun auch in anderen Regionen außerhalb Asiens zu verbreiten. Schlüssel wird sein, die Coronakrise als Chance zu begreifen und innovative Ideen mithilfe neuer technologischer Ansätze umzusetzen, die sich auch nach der Krise als nützlich erweisen werden. Ziel ist es zu verstehen, was Verbraucher wollen und warum – genau deshalb ist es wichtig, gerade in dieser Zeit auf Marktforschung zu setzen, um die richtigen Lenkmanöver einzusetzen und Unternehmen sicher aus der derzeitigen Lage zu steuern.

Treten Sie mit uns in Kontakt, wenn Sie wissen wollen, wie Mintel Sie in der derzeitigen Situation unterstützen kann.

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