Verbraucher kämpfen gegen Lebensmittelabfälle

Verbraucher kämpfen gegen Lebensmittelabfälle

17/09/2015
Lesezeit: 5 Min.

Das Problem der Lebensmittelabfälle steht zunehmend im Rampenlicht. Im gesamten Land werden Veranstaltungen organisiert, bei denen auf die Folgen von Lebensmittelabfällen hingewiesen wird.

Lebensmittelverluste und -abfälle treten in der Tat bei jeder Stufe der Lieferkette auf, während der Produktion, Ernte und Lagerung. Verbraucher sind jedoch für die Hauptmenge der Lebensmittelabfälle verantwortlich, sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres Zuhauses.

EIN NEUER ANSATZ ZUR VERLÄNGERUNG DER HALTBARKEIT

Verbraucher fokussieren sich zunehmend darauf, was in ihrem Essen enthalten ist. In den USA ist das Interesse an den in Lebensmitteln und Getränken enthaltenen Inhaltsstoffen unter den jüngeren Generationen am größten. Laut Mintels Bericht zu „Frei-von“-Lebensmitteltrends in den USA 2015 machen sich 60 % der Angehörigen der Generation Y durchaus Sorgen über potenziell schädliche Inhaltsstoffe in Lebensmitteln. Künstliche Inhaltsstoffe stellen auch für Verbraucher im Vereinigten Königreich eine Hauptsorge dar. Aus Mintels Bericht zur Einstellung von Verbrauchern gegenüber Zucker und Süßungsmitteln im Vereinigten Königreich 2015 geht hervor, dass sich über die Hälfte der Erwachsenen über Zusatz- und Farbstoffe in Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken Sorgen macht.

Deshalb sind Werbeversprechen, die angeben, dass Produkte keine Zusatz- oder Konservierungsstoffe enthalten, weiterhin die weltweit am häufigsten verwendeten Slogans bei neu eingeführten Lebensmittel- und Getränkeprodukten.

Hersteller stehen wegen diesem Verbrauchertrend jedoch vor einem Dilemma: Sie müssen der Nachfrage nach mehr natürlichen Produkten ohne Zusatz- und Konservierungsstoffe entgegekommen, während sie gleichzeitig die Auswirkungen der reduzierten Verwendung von Zusatz- und Konservierungsstoffen, die die Anzahl verfallender Lebensmittel steigern kann, im Auge behalten müssen.

VERBRAUCHER: TEIL DER LÖSUNG FÜR LEBENSMITTELABFÄLLE

Lebensmittel, die während der Lieferkette verloren gehen oder verschwendet werden, sind ebenfalls ein sehr großer Faktor. Produktionsverluste und ineffiziente Prozesse führen dazu, dass beträchtliche Mengen an Lebensmitteln den Endverbraucher gar nicht erst erreichen.

Ehrgeizige Ziele zur Senkung von Lebensmittelabfällen wurden von regionalen und nationalen Organen festgelegt. Es wird jedoch viel Arbeit erfordern die Menge an Lebensmitteln zu senken, die in der EU weggeworfen werden. Dies muss mit den Gewohnheiten der Verbraucher beim Einkaufen von Lebensmitteln beginnen. Eine Untersuchung von Mintel zeigt, dass in den europäischen Ländern die Anzahl der Verbraucher, die Sonderangebote für Lebensmittel meiden, um kein Essen wegzuwerfen, relativ niedrig ist; lediglich 15 % der deutschen, 16 % der französischen und italienischen, 17 % der spanischen und 23 % der polnischen Verbraucher handeln entsprechend.

WIE KÖNNEN HERSTELLER ALSO DAS RICHTIGE GLEICHGEWICHT FINDEN?

Neben von Verbrauchern angeführten Initiativen entwickeln Verarbeiter und Hersteller von Lebensmitteln neue und kreative Herangehensweisen, die dazu beitragen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Zum Beispiel werden Lebensmitteln, deren Verfallsdatum naht oder knapp überschritten wurde, anderweitig verwendet sodass gesunde und erschwingliche Mahlzeiten aus ihnen gefertigt werden. Oder es werden funktionale, gesunde Inhaltsstoffe aus Nebenprodukten der Verarbeitung hergestellt, die für gewöhnlich weggeworfen werden, wie zum Beispiel die Kaffeekirsche. Eine andere Möglichkeit ist „smarte“ Etiketten zu schaffen, die exaktere Verfallsdaten zur Verfügung stellen, um unnötige Lebensmittelabfälle zu vermeiden.

Ein kürzlich von Studenten der Lund-Universität in Schweden gegründetes Unternehmen, das bei der „Thought for Food Challenge“ in Lissabon in Portugal vorgestellt wurde, hat eine Methode zum Umgang mit beinahe verfallenem Obst und Gemüse entwickelt. Das Fopo (gefriergetrocknete Lebensmittelpulver) genannte Unternehmen verwendet „abgelaufenes“ Obst und Gemüse und verarbeitet es zu Pulvern, die eine neue Haltbarkeit von bis zu zwei Jahren aufweisen. Das Pulver enthält zwischen 30 bis 80 % des Nährstoffgehalts der ursprünglichen Obst- und Gemüseprodukte; dieser soll jedoch für die Haltbarkeitsdauer von zwei Jahren bewahrt bleiben. Die Pulver haben einen dem ursprünglichen Produkt ähnlichen Geschmack und können von Verbrauchern als Brause in Smoothies, für Frühstücksflocken oder beim Backen oder von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie als Obst- oder Gemüsezutaten verwendet werden.

Eine Hürde für die Pulver könnte darin bestehen, Verbraucher davon zu überzeugen, beinahe verfaultes Gemüse zu essen. Da „Supernahrungsmittel“-Pulver jedoch massentauglicher werden, gelten sie zunehmend als bequeme Methode, Mahlzeiten eine ordentliche Menge an Nährstoffen hinzuzufügen. Hier verbindet sich die Reduktion von Lebensmittelabfällen mit dem Wunsch von Verbrauchern, sich mit Marken zu verbinden, die das Richtige tun. Verbraucher haben oftmals grüne oder ethische Ansichten, sind aber zu knapp bei Kasse oder haben zu wenig Zeit, um gemäß ihren Überzeugungen zu handeln. Stattdessen erwarten sie von Herstellern, Einzelhändlern und Marken, die gute Arbeit für sie zu tun.

Laura Jones ist eine Global Food Science Analystin bei Mintel. Davor war sie in der Abteilung für Koch- und Kühltechnik eines Teams für die Entwicklung neuer Produkte eines Elektrounternehmens in Neuseeland tätig. Sie war auch im Team für den Lebensmittelblog tätig, wo sie Rezepte entwickelte und Ernährungsempfehlungen zur Verfügung stellte.

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