Fesselnde Lektüre: Mintel Review zum Zeitschriftenmarkt

Fesselnde Lektüre: Mintel Review zum Zeitschriftenmarkt

25/08/2015
Lesezeit: 5 Min.

Der Übergang von gedruckten zu digitalen Medien vollzieht sich nicht bei allen Produkten und in allen Ländern in gleichem Umfang und mit der gleichen Geschwindigkeit. So stieg im Jahr 2014 bei Print-Zeitungen der Gesamtumsatz in 20 weltweit führenden Märkten weiter an, während der Spitzenwert bei Print-Zeitschriften bereits 2008 erreicht wurde. Für die steigenden Zahlen bei Zeitungen ist allerdings nahezu ausschließlich der indische Markt verantwortlich, dessen Umsätze den Printmarkt dominieren. Und nicht alle Veränderungen sind auf den Switch von Print zu Online zurückzuführen: Bei Zeitschriften spielt das Impulskaufelement nach wie vor eine wichtige Rolle, und aufgrund des „nicht lebensnotwendigen“ Charakters hängt der Markt stark von der allgemeinen Konjunktur ab.

Ein Blick auf die Segmentierung im Zeitschriftenmarkt erlaubt auch Rückschlüsse auf die Kulturen und Grundeinstellungen in aller Welt.

Die nachfolgende Grafik zeigt die Unterschiede:

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ES HERRSCHT VIELFALT

Auch wenn es einigen Ermessensspielraum bei der Zuordnung von Marken zu Kategorien gibt – nicht zuletzt, weil Inhalt und Image einzelner Titel je nach Region stark variieren können –, gehört der Zeitschriftenmarkt trotz einiger internationaler Titel und Player sicherlich zu den Märkten mit der größten Segmentierungsbandbreite. Vor diesem Hintergrund sind allgemeine Rückschlüsse schwierig, abgesehen von der Feststellung, dass Zeitschriften auf der Bühne des übergreifenden globalen Marktes noch eine untergeordnete Rolle spielen.

FRAUENZEITSCHRIFTEN MIT LANGER TRADITION

Eine – wenn auch mit Vorsicht zu genießende – Schlussfolgerung ist, dass die Themen Frauen und Wohnen in den entwickelteren Ländern stärker vertreten sind. Insbesondere in Spanien und Australien. Die führenden Titel in beiden Ländern blicken auf eine langjährige Geschichte zurück: Die zwei Top-Titel in Australien, Woman’s Day und New Idea, wurden schon vor dem 2. Weltkrieg eingeführt, während Hola!, die Nummer zwei in Spanien und Schwesterpublikation zur britischen Hello!, um die 70 Jahre alt ist. Im Vergleich dazu ist die meistverkaufte spanische Zeitschrift Pronto mit ihren gerade einmal 40 Jahren noch fast ein Newcomer.

IMMER AM PULS DER ZEIT

Ihre Langlebigkeit verdanken die Zeitschriften ihrer Anpassungsfähigkeit und der Bereitschaft, den Wandel in der sie umgebenden Gesellschaft widerzuspiegeln oder, wie manche behaupten, sogar zu prägen und voranzutreiben. Mit der wachsenden Berufstätigkeit bei Frauen und der allmählichen Abkehr von der Ausrichtung auf ein Leben als Mutter und Ehefrau hat sich auch der Inhalt der Zeitschriften gewandelt. Die ausführliche Berichterstattung über das Leben von Stars und Sternchen zieht sich jedoch als dominantes Thema durch alle Ausgaben.

DAS ERFOLGSREZEPT

Das Interesse am Leben der Reichen und Schönen ist nicht notwendigerweise eine rein weibliche Angelegenheit, aber diese Titel bieten nach wie vor einige Inhalte, die sich aus dem Frauenbild ihres „früheren Ichs“ ableiten. So sind Rezepte immer noch ein wichtiger Bestandteil, allerdings mit neuem Fokus: weg von der Ausrichtung auf einen hart arbeitenden Ehemann, für den die Frau vollwertige, sättigende Mahlzeiten zubereitet, hin zu einer kalorienbewussteren Ernährung und schnell zubereiteten Rezepten für berufstätige Frauen.

Das Interesse an Promi-Lifestyles ist keineswegs nur den westlichen Verbrauchern vorbehalten, auch wenn diese Titel außerhalb der entwickelten Regionen im Verhältnis weniger erfolgreich sind. Dies ist zum Teil auf die finanzielle Situation der Frauen zurückzuführen. Ganz allgemein gilt, dass das verfügbare Einkommen von Frauen in Zeiten der Rezession stärker leidet.

DIGITALE VIELFALT

Die unterschiedliche Segmentierung ist zum Teil auf den variablen Einfluss der Digitalisierung zurückzuführen. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass der gelegentliche bzw. Impulscharakter beim Kauf von Frauen- und Wohnzeitschriften eher für Printmedien spricht. In Ländern mit breit verfügbarem und schnellem Internetzugang sind es hauptsächlich die anderen Zeitschriftensegmente, die größere Anteile an Online-Medien verloren haben. So ist beispielsweise der Verkauf gedruckter Business-Zeitschriften in den letzten Jahren in den meisten dieser Länder spürbar zurückgegangen, da ihre Stammkunden verstärkt Zugang zu zuverlässigen digitalen Informationen haben.

BESONDERE UMSTÄNDE

In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal auf die Bedeutung von Indien für diesen Markt hingewiesen. Das Land verfügt über den weltweit größten Print-Zeitschriftenmarkt: Ein Fünftel aller Print-Zeitschriften in den führenden 20 Weltmärkten wird in Indien verkauft, was sicherlich in Zusammenhang mit einer der weltweit niedrigsten Internet-Durchdringungen in der Bevölkerung steht. Dementsprechend bilden Zeitschriften zu den Themen Frauen und Wohnen hier das größte Segment. Die meistverkaufte Einzelzeitschrift ist allerdings das Nachrichtenmagazin India Today – ein Beispiel, das zeigt, wie sehr der Markt von individuellen Gegebenheiten bestimmt wird, denn die englischsprachige Zeitschrift ist ein verbindendes Element in einem Land mit zahlreichen regionalen Sprachen und Interessen.

Auch wenn die Digitalisierung weiter zügig voranschreitet, wird es noch eine Weile dauern, bis sich eine wahrhaft globale Palette von Inhalten entwickelt.

Peter Ayton ist als Global Market Sizing Quality Manager bei Mintel dafür zuständig, vergleichbare, kompatible und relevante Marktdaten über die gesamte Produktpalette des Unternehmens sicherzustellen. Er ist seit mehr als 30 Jahren bei Mintel beschäftigt und war in dieser Zeit als Redakteur, Analyst, Publizist und Konferenzredner in den verschiedensten Bereichen tätig, von Lebensmitteln über Finanzen und Körperpflege bis hin zur Pharmabranche.

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