Im Gespräch mit Simon Winch, CEO der britischen Veganuary Organisation

Im Gespräch mit Simon Winch, CEO der britischen Veganuary Organisation

21/01/2019
Lesezeit: 5 Min.

Erst kürzlich gab Mintel bekannt, dass Großbritannien dieses Jahr Deutschland an der Spitzenposition für vegane Neuproduktentwicklungen abgelöst hat. Vegane Ernährung ist auf der Insel im Vormarsch: So gibt es auf BBC mittlerweile eine Kochshow namens „Dirty Vegan“ und auch die beliebte Backkette Greggs brachte eine vegane Version des britischen Klassikers, der Sausage Roll, heraus.

Wir haben mit Simon Winch, CEO von „Veganuary“ gesprochen, um herauszufinden, warum Veganismus über die Jahre so populär geworden ist und ob der Lebensstil das Potenzial dazu hat, Mainstream zu werden. Bei Veganuary handelt es sich um eine britische Nichtregierungsorganisation, die vor fünf Jahren mit dem Ziel gegründet wurde, Menschen an die vegane Ernährung heranzuführen. Den beiden Gründern war dabei von Anfang an klar, dass dies auf langsamen Wege geschehen sollte, weswegen sie seither – wie auch die Namenszusammensetzung bereits vermuten lässt – die Briten mithilfe einer Social-Media- und Newsletter-Kampagne zu einem veganem Januar aufrufen. Mittlerweile zählt die Organisation rund 150 000 Follower auf Instagram und unter dem gleichnamigen Hashtag finden sich circa 500 000 Einträge.

Das Team von Veganuary

Als Sie Veganuary gestartet haben, hatten Sie rund 3300 Abonnenten Ihres Newsletters. Letztes Jahr ist diese Zahl auf 170 000 Anmeldungen gestiegen. Was denken Sie sind die drei Hauptgründe für die starke Popularität, die Ihre Organisation in den letzten Jahren erfahren hat?

Dieses Jahr haben sich in der ersten Januarwoche sogar 220 000 neue Newsletter-Abonnenten angemeldet, und es kommen stetig neue hinzu! Menschen sind heutzutage einfach viel besser darüber informiert, woher ihr Essen kommt und welche Auswirkungen es auf ihren Körper und die Umwelt hat.

Es gibt außerdem immer mehr Vorbilder wie Ariana Grande und Lewis Hamilton, die sich öffentlich zu Veganern bekennen und zeigen, dass Veganismus nichts Kompliziertes sein muss.

Bei welcher demographischen Gruppe ist Veganuary besonders beliebt und wieso?

Dieses Jahr haben sich viele aus gesundheitlichen Gründen für den Veganuary-Newsletter angemeldet. Es gibt mittlerweile viele berühmte Sportler wie z.B. Serena Williams oder Novak Djokovic, die vegan leben und ihre Fans inspirieren. Dadurch sehen viele Menschen Veganismus als einen gesunden Weg zum Abnehmen, mit dem sie sich besser und energiegeladener fühlen.

Veganismus ist jedoch mehr als nur eine Ernährungsweise: Viele werden irgendwann zu Vollzeit-Veganern, weil sie durch die Ernährungsumstellung mehr über die Umweltkonsequenzen erfahren. Oder sie bleiben dabei, weil sie schlichtweg neue leckere Gerichte kennengelernt haben, die sie vorher nicht kannten.

Auch wenn Veganismus vor allem bei Menschen unter 40 Jahren sehr beliebt ist, sehen wir einen Anstieg von älteren Interessierten, die ihre Inspiration von jüngeren Familienmitgliedern bekommen. Das zeigt den inklusiven Charakter der Bewegung.

Auch wenn Veganismus viel Beachtung in den Medien findet, folgen nur wenige dem Ernährungskonzept. Denken Sie, dass Veganismus jemals Mainstream werden kann und wenn ja, wie?

Unserer Meinung nach ist Veganismus gerade ganz klar dabei, Mainstream zu werden. Auch wenn es momentan noch wenige Menschen gibt, die der Ernährungsform folgen, gibt es verstärkt Anzeichen dafür, dass immer mehr Menschen zu Vollzeit- bzw. zu Flexi-Veganern werden.

Veganismus ist längst keine Subkultur mehr – heutzutage kann man ganz gewöhnliche Leute auf der Straße darüber reden hören. Es ist jedoch kein Hype und hat gerade durch Technologie die Chance zu wachsen. Jeder von uns kann z.B. einen Tierschutzfilm oder eine Umweltreportage auf Netflix anschauen und sich im Anschluss daran eine Meinung über sein Essverhalten bilden.

Welche Vorurteile würden Sie bei Nicht-Veganern gerne aus dem Weg räumen?

Veganes Essen schmeckt absolut fantastisch und die vegane Küche bietet die Möglichkeit, aus dem Alltagstrott herauszukommen und neue Gerichte auszuprobieren. Auch wenn die Leute nach Veganuary nicht zu Veganern werden, haben sie definitiv etwas Neues probiert – und wer weiß, vielleicht schaffen sie es zumindest einmal die Woche ohne tierische Produkte auszukommen.

Denn auch die Lieblingsgerichte lassen sich schnell vegan gestalten: Für Bolognese braucht man statt zu Hackfleisch einfach nur zu Sojaflocken greifen. Mittlerweile gibt es auch viele vegane Fertiggerichtoptionen in Supermärkten, und selbst Ben & Jerry’s bietet eine vegane Eiscreme-Sorte an. Das Gute ist, dass Lebensmitteleinzelhändler immer stärker auf die Nachfrage reagieren und dementsprechend nicht allzu teure Produkte anbieten.

Die vegane Sausage Roll von Greggs

Unser Fazit

Die Popularität veganer Lebensmittel und Getränke nimmt im Vereinigten Königreich zu. Ein gesteigertes Wissen über Umweltaspekte und Tierschutz auf Seiten der Verbraucher, aber auch die Motivation zu einem gesünderen Lebensstil haben die Nachfrage nach veganen Produkten befeuert.

Vegane Produkte mussten in Großbritannien definitiv über ihre ethische Positionierung hinauswachsen, um Mainstream zu werden. So waren Geschmack, Vielfalt und Farbe in den letzten Jahren Hauptfokus im Innovations- und Gastrobereich, womit es der Kategorie gelang, sich über das Klischee des farb- und geschmacklosen Essens hinwegzuheben und sich in der heutigen „Foodie“-Kultur zu verankern.

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