Können „Brew-Bars“ die Beliebtheit von Filterkaffee für Zuhause in Deutschland wiederbeleben?

Können „Brew-Bars“ die Beliebtheit von Filterkaffee für Zuhause in Deutschland wiederbeleben?

03/08/2015
Lesezeit: 4 Min.

KÖNNEN „BREW-BARS“ DIE BELIEBTHEIT VON FILTERKAFFEE FÜR ZUHAUSE IN DEUTSCHLAND WIEDERBELEBEN?

Filterkaffee gilt im Vergleich zu auf Espresso basierenden Kaffeespezialitäten seit vielen Jahren als „Kaffee für Arme“. Neuerdings präsentieren jedoch „Brew-Bars“ (spezialisierte Feinschmecker-Cafés) deutschen Verbrauchern eine neue Art der Filterkaffee-Erfahrung. Wir beschäftigen uns mit der Frage, ob diese gegenwärtige Wahrnehmung von Kaffee das Potenzial birgt, das Brühen zu Hause wiederzubeleben…

Traditioneller Filterkaffee ist nach wie vor das beliebteste Kaffeegetränk in Deutschland: Er sorgt für zwei Drittel der Umsätze, die in diesem Land mit geröstetem Kaffee erzielt werden. Die Verkaufszahlen von Filterkaffee sind in den vergangenen Jahren jedoch zurückgegangen, was darauf zurückzuführen ist, dass die italienische Kaffeekultur, bei der der Espresso im Mittelpunkt steht, das Land erobert hat – hierbei wurde der Höhepunkt mit Kaffee zum Mitnehmen sowie Kaffee aus Kapsel- und Padmaschinen, zwei boomende Segmente, erreicht.

Doch trotz zunehmender Konkurrenz anderer, modernerer Formate scheint es, dass der traditionelle Filterkaffee so etwas wie eine Neuentdeckung erlebt, vorangetrieben von der neuen deutschen Welle spezialisierter Cafés. In der Tat wird Filterkaffee derzeit in trendigen Cafés in ganz Deutschland neu erfunden – in diesen wird seine Zubereitung mit ausgeklügelten Brühtechniken zelebriert.

BREW-BARS BREITEN SICH IN DEUTSCHEN STÄDTEN AUS

Ursprünglich auf dem US-Markt angesiedelt, finden Brew-Bars zunehmend ihren Weg in deutsche Städte, zum Beispiel in Berlin („Chapter One Coffee“), Hamburg („Codos Brewbar“) und Köln („The Coffee Gang“). Brew-Bars widmen hoher Qualität und Single-Origin-Merkmalen (alle verwendeten Kaffeebohnen stammen aus derselben Region) besondere Aufmerksamkeit; zudem werben sie mit dem Versprechen, dass sie den Charakter eines Kaffees voll und ganz ausschöpfen, indem sie Filtermethoden wie Überguss, AeroPress, V60 oder Chemex verwenden, um die Geschmacksprofile mit den meisten Feinheiten und Nuancen anzubieten.

In der spezialisierten Café-Szene gefeiert, hat das Konzept der Brew-Bars – natürlich – auch die Aufmerksamkeit von Unternehmen wie Starbucks erregt, das seinen Filterkaffee – „Drip Coffee“ – in ausgewählten internationalen Filialen anbietet. In Deutschland ist das Brew-Bar-Konzept für Chicco di Caffè, die am schnellsten wachsende Café-Kette des Landes, zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal geworden. Dem Unternehmen gelang es im Jahr 2014, auf den vierten Platz der Liste mit den führenden Café-Ketten zu rücken, hinter McCafé, Tchibo und Starbucks. Chicco di Caffè stellt seinen Kunden – zu denen beispielsweise ausgewählte Niederlassungen von Mercedes-Benz und Siemens gehören – als Prämiumservice Bars mit Personal zur Verfügung, an denen Filterkaffee gebraut wird.

WIRD DER TREND IN RICHTUNG BREW-BAR DEN EINZELHANDEL BEEINFLUSSEN?

Die große Frage lautet nun, ob dieser neue Hype um Filterkaffee in der Café-Szene dem Einzelhandel eine Entwicklungsplattform bieten kann. Eine solche Plattform wird benötigt, wenn man bedenkt, dass in den letzten fünf Jahren die Einführung neuer Produkte im Bereich des gemahlenen Kaffees deutliche Verluste zugunsten anderer Segmente erlitten hat, insbesondere an Kapsel- und Padkaffee – der Anteil gemahlenen Kaffees an allen neu eingeführten Kaffeeprodukten fiel von 24 % im Jahr 2011 auf gerade einmal 16 % im Jahr 2014.

Während aufwendige Brühtechniken theoretisch auch zu Hause angewendet werden können, ist es wahrscheinlich, dass sie die Trumpfkarte kompetenter Baristas in Cafés bleiben werden. Filterkaffee wird es als solcher schwer haben, den Trend umzukehren. Dies macht es erforderlich, dass Marken auf Premiummerkmale setzen, zu denen mehr gehört, als bloß Kaffeebohnen aus einer bestimmten Ursprungsregion oder mit einer hohen Qualität.

Wie können Marken dieses Problem also lösen? Es scheint, dass die Antwort in der Verpackung liegen könnte – für die Marken wäre es wahrscheinlich von Vorteil, bei der Gestaltung ihrer Etiketten einen größeren Fokus auf Brühtechniken für Zuhause zu setzen. Des Weiteren sollten Marken das Design ihrer Verpackungen und ihre Kommunikation mit der Öffentlichkeit moderner gestalten, um mit neueren Segmenten besser zu konkurrieren.

Julia Buech, Food and Drink Analyst für Deutschland bei Mintel, spezialisiert sich darauf, Einblicke zu Themenbereichen zu schaffen, die den deutschen Markt betreffen, indem sie zu einer Reihe von Nahrungsmittel- und Getränkekategorien Analysen durchführt. Als sie im Jahr 2009 als Trend & Innovation Consultant zu Mintel stieß, war Julia dafür verantwortlich, hauptsächlich für Mintels deutschsprachige Kunden maßgeschneiderte Analysen zu Produktinnovationen durchzuführen und Kundensupport zur Verfügung zu stellen.

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